Luftverschmutzung als globale Priorität
Laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben jährlich sieben Millionen Menschen an den Folgen von Luftverschmutzung, wobei der Großteil dieser Todesfälle auf Südostasien und den Westpazifik entfällt.1 Die daraus resultierende Zahl der Todesopfer ist dort zwar höher, aber das Problem beschränkt sich keineswegs nur auf diese Regionen. Bei einigen die Luftverschmutzung betreffenden Messungen schneiden Städte wie London und Paris ähnlich wie Delhi und Peking ab (alle vier Städte überschritten beispielsweise bei der Bewertung der Stickstoffdioxidwerte im Jahr 2016 die EUGrenzwerte um 11-25 %).2
Luftverschmutzung ist für die Gesundheit von Mensch und Ökosystem schädlich. Die Auswirkungen sind unterschiedlich, können aber Probleme für Herz (z. B. durch Kohlenmonoxid), Lunge (z. B. durch Stickstoff- und Schwefeloxide) oder beides (z. B. durch Partikel) mit sich bringen. Zu den Umweltfolgen gehören indes die Reduzierung der Photosynthese (z. B. Ozon), Blatt- und Wachstumsschäden (z. B. durch Schwefeldioxid), Wasserverknappung und Bodenqualität (z. B. durch Partikel).3
Die Ursachen sind ähnlich vielfältig, sie können naturgegeben oder durch den Menschen verursacht sein. Zur ersten Art zählen vulkanische Aktivitäten und Staub, zur letzteren die Verbrennung von nicht erneuerbaren Brennstoffen, Schwerindustrie und landwirtschaftliche Praktiken.4
Abbildung 1
Quelle: WHO.
Schlüsselfaktoren zum Erreichen der Ziele für nachhaltige Entwicklung
In Anbetracht der Größenordnung des Problems wird Luftverschmutzung in zwei der Ziele für nachhaltige Entwicklung ausdrücklich erwähnt: Ziel 3 (Gesundheit und Wohlbefinden) und Ziel 11 (nachhaltige Städte und Siedlungen). Mit dem erst genannten Ziel ist ein spezifischer Indikator zur direkten Erfassung der Entwicklung der „auf die Raum- und Außenluftverschmutzung zurückzuführenden Sterblichkeitsrate“ verbunden.5
Die weitreichenderen Auswirkungen der Luftverschmutzung bedeuten, dass das Problem auch für eine Reihe anderer Ziele nicht folgenlos bleibt. Hierzu zählen: Ziel 7 (bezahlbare und saubere Energie), Ziel 13 (Klimaschutzmaßnahmen) in Anbetracht des Zusammenspiels von Klima, Energie und Umweltverschmutzung; Ziel 6 (sauberes Wasser und Sanitärversorgung), Ziel 14 (Leben unter Wasser) in Anbetracht der Auswirkungen auf die Wasserqualität und die Meereslebewesen; Ziel 15 (Leben an Land) und Ziel 12 (nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster) in Anbetracht weitreichender Umweltursachen und -auswirkungen.
Unsere Fähigkeit, zur Lösung des Problems soziale, wirtschaftliche sowie finanzielle Maßnahmen zu ergreifen, spielt also nicht nur eine entscheidende Rolle beim Erreichen dieser Ziele für nachhaltige Entwicklung mit ausdrücklichem Fokus auf Luftverschmutzung, sondern ist auch für die erfolgreiche Verwirklichung von fast der Hälfte aller globalen Ziele von Bedeutung.
Abbildung 2: Ziele für nachhaltige Entwicklung mit Teilzielen in Bezug auf Luftverschmutzung
Quelle: UN https://sustainabledevelopment.un.org/
Anlagechancen
Wichtig ist, dass es sich hierbei nicht nur um ein globales Problem handelt, sondern um einen Bereich, der zunehmend Anlagechancen bietet. Es gibt eine Reihe von Lösungen, in die Anleger investieren können und von denen wir und unsere Kunden profitieren können. Als eine der wichtigsten Lösungen sind Investitionen in die „energieeffiziente Stromerzeugung“ zu nennen, die die WHO in ihrer Übersicht über mögliche Lösungen empfohlen hat.6
Abbildung 3
Quelle: WHO.
Wir haben drei Schwerpunktbereiche identifiziert, die aus unserer Sicht besonderes Anlagepotenzial bieten, was sich im großen Interesse seitens der Regierungen und Aufsichtsbehörden, der Gesellschaft und der Unternehmen spiegelt. Diese drei Bereiche sind China, Städte und Staaten sowie Ozeane. Dazu haben wir einige Praxisbeispiele erarbeitet oder im Rahmen unserer sozial- und nachhaltigkeitsorientierten Strategien betrachtet, oft auch für unsere Mainstream-Fonds.
China
Die Luftverschmutzung stellt im neuen Bild Chinas als umweltfreundliche Wirtschaft eine treibende Kraft dar. Dies wird durch staatliche Unterstützung, Kostensenkungen bei sauberen Energien und Technologien und starken sozialen Druck gefördert. So verfügt China heute beispielsweise über einen Plan zur Bekämpfung der Luftverschmutzung 2018-20207. Ferner hat das Land die „schwerwiegenden Folgen“ von Verstößen gegen Umweltschutzgesetze präzisiert und sich zum Ziel gesetzt, bis 2020 31 % der Energie aus nicht-fossilen Energiequellen zu erzeugen.
In diesem Zusammenhang bieten sich Anlagegelegenheiten in Unternehmen, die über Umwelttechnologien verfügen, die China bei seinen Plänen unterstützen können. So sieht beispielsweise die US-amerikanische International Trade Administration für diesen Bereich ein Potenzial von 66 Milliarden USD, wobei im Laufe eines Jahrzehnts ein Wachstum von 13 %8 verzeichnet wurde und weiterhin gute Aussichten bestehen.
Ein Unternehmen, das diese Chance erkannt hat, ist Thermo Fisher Scientific, einer der größten Anbieter auf dem Markt für die Überwachung von Luftemissionen weltweit (sowohl für Partikel- als auch für Umgebungsgasemissionen). Auf China entfallen 10 % des Umsatzes. Zudem stellt das Land für Thermo Fisher Scientific die „größte Erfolgsgeschichte in den Schwellenländern“ dar. Das Unternehmen arbeitet eng mit der chinesischen Regierung bezüglich ihrer Pläne in den Bereichen Umwelt, Gesundheit und Ernährung zusammen.9
Städte und Staaten
China ist zwar eine besonders starke treibende Kraft, aber auch einige andere Regierungen und – was vielleicht noch interessanter ist – einige lokale Akteure ergreifen ebenfalls Maßnahmen.
Großstädte und Staaten auf der ganzen Welt verpflichten sich, ihre Umweltbilanz zu verbessern. Einige beabsichtigen, den konventionellen Autoverkehr auslaufen zu lassen, und über 9.000 Städte und Regionen sind klimarelevante Verpflichtungen eingegangen.10 Ihr Handeln wirkt der Möglichkeit von Zentralregierungen entgegen, sich aus diesen Fragen faktisch „zurückzuziehen“ (wie z. B. der Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen). Zudem tragen auch wirtschaftliche Impulse dazu bei, dass die Dynamik weiter anhält. So stellt beispielsweise Solarenergie in einigen Staaten bereits die billigste Form der Energie dar.
Zu den attraktiven Anlagemöglichkeiten in diesem Bereich gehören Elektrofahrzeughersteller und -Enabler sowie Unternehmen, deren Lösungen die Emissionen konventioneller Motoren reduzieren (z. B. durch Katalysatoren, die Schadstoffe in weniger schädliche Nebenprodukte umwandeln). Drei Unternehmen – Johnson Matthey, BASF und Umicore – zeichnen sich als Akteure in beiden Märkten aus und können so von den Bemühungen zur Verringerung der Umweltverschmutzung durch konventionelle Fahrzeuge und vom beschleunigten Übergang zu Elektrofahrzeugen profitieren.
Ebenso interessant sind Unternehmen, die entlang der Wertschöpfungskette der erneuerbaren Energien tätig sind, einschließlich Lieferanten, Entwickler und Versorgungsunternehmen mit starken Geschäftsideen. Ein solches Unternehmen ist Tekmar. Das Unternehmen, das vor kurzem an die Börse ging und seinen Sitz in Großbritannien hat, bietet Unterwasserkabelanschlüsse für Offshore-Windparks an. Mit einem Marktanteil von 70 % in Europa lotet das Unternehmen zunehmend internationale Möglichkeiten aus. Wir rechnen für solche Offshore-Windanlagen in den nächsten zehn Jahren mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von 12-21 %.11
Ozeane
Ein weiterer Bereich, der verstärkt in den Fokus gerückt ist, stellt schließlich die Regulierung von Kraftstoffen für den Seetransport dar. Parallel dazu steigt das Interesse der Verbraucher an den Folgen ihrer Aktivitäten für die Meeresumwelt. Der Anteil der Schifffahrt an der weltweiten Ölnachfrage im Transportsektor beläuft sich auf etwa 10 %. Das in Schiffen gebräuchliche schwefelhaltige Schweröl enthält 3.500-mal mehr Schwefel als herkömmlicher Dieselkraftstoff.12
Allerdings ist die Zeit reif für eine Veränderung. Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation reduziert den zulässigen Schwefelgehalt bis 2020 deutlich von 3,5 % auf 0,5 %. China plant eine frühere Umsetzung. Nur durch die Installation von Abgasreinigungsanlagen – sogenannte „Scrubber“ (Geräte zur Entfernung von Schwefeldioxid aus Abgasen) – kann schwefelreiches Schweröl, das den Vorschriften nicht entspricht, weiter verbrannt werden. Nach der Umsetzung dieser neuen Vorschriften dürfte sich der Preisunterschied zwischen schwefelreichem und schwefelarmem Kraftstoff ausweiten, was die Installation der „Scrubber“ für viele zu einer attraktiven Lösung macht. Zu den Nutznießern können daher auch öffentliche Unternehmen gehören, die eine gute „Scrubber“-Technologie anbieten, wie Wärtsilä, ein finnisches Unternehmen und führender Anbieter von Schiffsmaschinen, Antriebs- und Manövrierlösungen.
Beteiligung an den Lösungen
Obwohl mangelnde Fortschritte bei der Bekämpfung der Luftverschmutzung ein konkretes Risiko für die Gesundheit von Mensch und Ökosystem und für das Erreichen der Ziele für nachhaltige Entwicklung darstellen, weisen die oben genannten Beispiele und Möglichkeiten einen Weg nach vorn. Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Luftverschmutzung sind in der Tat ein hervorragendes Beispiel dafür, wie die Kombination aus sozialem, politischem und wirtschaftlichem Druck nicht nur zu konkreten Lösungen für eine nachhaltigere Zukunft führen kann, sondern durch Beteiligung an den Fortschritten auch finanziell attraktive Anlagegelegenheiten entstehen.
Die Nennung spezifischer Unternehmen oder Anleihen sollte nicht als Handelsempfehlung verstanden werden.